Schicksal und Bestimmung

Mulla Nasrudin wird gerufen: «Deine Frau ist in den Fluss gefallen. Sie rief um Hilfe.» Die meisten vom Dorf konnten auch nicht schwimmen und die wenige, die schwimmen konnten, hatten keine Lust sie zu retten. Der Mulla aber springt ohne einen Augenblick zu verlieren ins Wasser und schwimmt flussaufwärts. «Aber was machst Du? Sie kann doch nicht schwimmen!» riefen die Herumstehende. «So, wie ich meine Frau kenne, sie ertrinkt lieber, aber sie kämpft gegen den Strom.»
Eine nette Geschichte. Eine Widerspenstige Frau, ein gutmütiger Ehemann, eine kleine Dorfgemeinschaft. Aber es ist eine Sufi-Geschichte, und als solche, hat sie eine Tiefe, die auszuloten manchmal Jahrzehnte braucht. Meistens aber brauchen wir solche kleinen Geschichten für momentane Aufmunterung – und dann ist sie schon vergessen. Im besten Fall schlachten wir sie psychologisch aus, jonglieren mit unverdauten Begriffen wie Animus und Anima herum und freuen uns der Weisheit, die in den Volksgeschichten enthalten sind.
Und wenn die Geschichte sich existentiell in uns abspielt? Erkennen wir sie mit ihren Figuren als innere Instanzen?
Versuchen wir es...
Moral der Geschichte: Entweder lerne zuerst Schwimmen, bevor du ins Wasser springst und zur Quelle hin dich bewegst, oder springe ins Wasser und lass dich zum Meer tragen. Beide Wege führen zur Erkenntnis der Einheit, in dem durch den Kreislauf des Wassers Quelle und Meer eins sind.
Author; Agnes Hidveghy Kategorie: ARSSACRA
Über den Author
Agnes Hidveghy
This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it. | https://arssacra.org
Comments (1)
Marion Mittermaier
Ich danke dir für deine Liebe und Weisheit und den unermesslichen Schatz den du uns allen mit dem Teilen deiner Schriften zukommen lässt. In Verbundenheit und Liebe Marion
reply